Eine Schichtstruktur
Romanes zeigt eine mehrschichtige Struktur, die gedeutet werden kann als stammend aus den verschiedenen Einflüssen, welchen die Sprache während der Roma-Migrationen unterworfen war. Diese Schichten, welche allen Romanes-Dialekten gemeinsam sind, liefern den gemeinsamen homogenen Grundstock, auf dem alle Dialekte aufgebaut sind. Alle Dialekte und Varianten des Romanes enthalten diesen gemeinsamen Stamm – einschließlich seiner Grammatik – in manchmal unterschiedlichem Ausmaß der Konservierung.
Der gemeinsame Stamm
Die Analyse der Lexeme im gemeinsamen Stamm zeigt, dass der Hauptanteil der prä-europäischen Lexeme indisch ist. Besonders interessant ist, dass dieser indische Wortschatz einen großen Teil der Alltagsbedürfnisse umfasst, sowie natürlich die meiste Grammatik. Im Vergleich zu der Fülle von indischen Wörtern kommen nur wenige persische und armenische Lexeme vor, obwohl allerdings so wichtige wie etwa Pferd, graj oder eine Kutsche, vurdon sind von diesen Ursprüngen; tatsächlich sind viele der Begriffe, die Reisen betreffen, persischen Ursprungs. In Romanes finden sich nur sehr wenige voreuropäische Lexeme anderer Herkunft. Man findet ein paar Wörter kurdischen Ursprungs wie z.B. avsin, absin Stahl kutši Topf xulaj [Eigentümer, hochrangige Person]; und sogar ein paar georgische wie z. B. khoni Fett khilav Pflaume.
Was den gemeinsamen europäischen Stamm angeht, formt das Griechische, wie wir bereits festgestellt haben, einen sehr wichtigen Teil des Romanes, und man findet auch viele südslawische Lexeme.
Wir können jedoch im Großen und Ganzen sagen – von solch unterschiedlichen Beispielen wie Krim-Rromanes oder Karpatischen und Kalderash-Dialekten, dass der gemeinsame Stamm etwa 50 bis 60% des Wortschatzes umfasst. Das allgemeine Problem bei der Beurteilung dieses Anteils ist, was für eine Grundlage an Vokabular wir wählen sollen, da viele lokale Wörter – betreffend insbesondere die neuen Realitäten und neuen Berufe – stets der lokalen Sprache entnommen sind.
Das nächste Level
Von diesem gemeinsamen Stamm können wir zur nächsten Ebene gelangen, nämlich zur Schaffung von Metadialekten. Metadialekte und die damit verbundenen Strukturen, die Metagruppen, sind „konzeptionelle“ Wesenheiten. Diese Strukturen ermöglichen uns, Verbindungen zwischen den verschiedenen Gruppen zu sehen, und in Bezug auf die Sprache, die nächste Stufe der Aneignung über den gemeinsamen Stamm hinaus – das heißt die ersten Neuerwerbungen über diesem Niveau.
Diese Metadialekte sind das Ergebnis der Migrationen und der Geschichte der verschiedenen Roma-Gruppen und wir werden sie detaillierter beschreiben, während wir die Gruppenstruktur der Roma diskutieren und beschreiben. Es gibt 4 Metadialektgruppen: Die Vlax-Dialekte, die Karpaten-Dialekte, die Nordischen Dialekte und natürlich die Balkan-Dialekte. Jede entspricht einer Migration innerhalb Europas – von der balkanischen Basis der Roma. Mit Ausnahme natürlich der balkanischen Dialekte, nämlich derjenigen, die von Roma gesprochen werden, die während ihrer gesamten europäischen Geschichte in dieser Region geblieben sind.
In der Abbildung haben wir die erste Erfassungsschicht über dem gemeinsamen Stamm dargestellt. Für nordische Dialekte findet man eine erste (manchmal dünne) Schicht des Deutschen, für Karpaten eine erste Schicht ungarischer Wörter, für das Vlachische natürlich das allgegenwärtige Rumänisch und schließlich für die balkanischen Dialekte türkische Einflüsse. Beachten Sie, dass diese Unterscheidungen – mit einer geografischen Konnotation – nicht die heutige geografische Verbreitung dieser Dialekte darstellen. Schließlich wird der „ursprüngliche“ vlachische Dialekt der Kalderaša heute aufgrund der jüngsten Migrationen dieser Gruppe von Roma auf der ganzen Welt gesprochen.